Chinaphantasien für deutsche Aktien

Es war ein ungewohntes Gefühl für die Apple-Manager. Sie sind nicht gewohnt, mit Gegenwind an der Börse vorlieb nehmen zu müssen.

Nach Jahren der Verehrung und rasant steigernder Kurse musste der Telefon- und Computerhersteller zuletzt Rückgänge beim Verkauf seines Hauptproduktes bekanntgeben. Von der temporären Apple-Malaise wurde die gesamte Börsenlandschaft vorübergehend angesteckt, wiewohl sich der Titel zum Ende des Monats wieder erholen konnte. 

Auffällig schwach gerierten sich im Mai zudem Aktien stationärer amerikanischer Einzelhändler. Große Kaufhausketten wie Nordstrom und Macys mussten mit ansehen, wie ihre Aktien kräftig unter die Räder gerieten. Auch spezialisierte Einzelhändler wie Williams Sonoma oder Bed Bath & Byond mussten deutlich Federn lassen. Insgesamt ist der stationäre Einzelhandel von der Furcht dominiert, der Internetversandhändler Amazon könnte weitere Marktanteile an sich ziehen. Die hohen Umsatzzuwächse bei Amazon im ersten Quartal scheinen diese Befürchtung zu bestätigen, wenngleich die allermeisten Einzelhändler ihrerseits ein stetig steigendes Online-Angebot parat haben. Positiv überraschen konnte hingegen Walmart, nachdem der größte Einzelhändler der Welt in den letzten Quartalen stets enttäusche. Luxusgüterhersteller standen hingegen angesichts magerer Quartalszahlen unter Abgabedruck. 

In Europa sorgte unterdessen der Maschinenbauer Kuka für Aufsehen, nachdem ein chinesisches Unternehmen mit dem Namen Midea ein feistes Übernahmeangebot unterbreitete. Während aber die Eigentümer von Kuka frohlockten, löste die Offerte bei der Bundesregierung Nervosität aus. Ganz in der Tradition Frankreichs erklärte man Kuka zum nationalen Heiligtum und versuchte eine teutonische Übernahme zu orchestrieren. Hier – und nicht in Sonntagsreden - kann das staunende Publikum bewundern, wie es um die marktwirtschaftliche Gesinnung der großen Koalition bestellt ist. 

Kursentwicklung Kuka seit Beginn 2015

Bei dem Übernahmeangebot für Kuka handelt es sich keineswegs um einen Einzelfall. Auch für den Hersteller von Halbleiterkomponenten Aixtron zeigte sich chinesisches Interesse, indem der Investmentfonds FGC ein Übernahmeangebot vorlegte. Bereits vor Monaten gab es bei dem Machinenbauer Manz AG Avancen von Seiten der Shanghai Electric Group.

Schließlich geriet zum Monatsschluss auch der Graphitelektrodenhersteller SGL Carbon aus Wiesbaden in den Fokus der Aufmerksamkeit, nachdem auch dort ein Unternehmen aus dem Reich der Mitte Kaufinteresse signalisierte. Angesichts des guten Leumunds, den deutsche Technik in China besitzt, scheint sich eine Tendenz zu etablieren, auf dem deutschen Aktienmarkt auf Einkaufstour zu gehen. Für die bisherigen Eigentümer von Kuka, Aixtron und SGL Carbon hat sich dieses asiatische Interesse ohne lange Verzögerung in deutlich erhöhten Kursen für ihre Aktien niedergeschlagen. Dabei stehen die Chinesen nicht allein da. Vor einigen Monaten war die Gildemeister AG aus Bielefeld von dem japanischen Partner Mori Seiki übernommen worden. 

Apropos Übernahmen; die Bayer AG macht sich anheischig, den amerikanischen Saatguthersteller Monsanto zu übernehmen. An der Börse löste diese Meldung die Sorge aus, Bayer könnte sich angesichts des hohen Kaufpreises von mindestens 45 Milliarden US-Dollar zuzüglich Schulden überheben. Denn die vielen Hinweise auf den schwierigen Ruf von Monsanto können nicht darüber hinweg täuschen, dass der Titel an der Börse durchaus hohe Wertschätzung besitzt, wie man unschwer an den hohen Bewertungsmultiplikatoren ablesen kann. Das Management des Saatgutkonzerns lehnte die Offerte postwendend mit der Begründung eines zu niedrigen Kaufpreises ab. Bayer, ein Unternehmen das zu 80 Prozent von ausländischen Anlegern besessen wird, sah sich inzwischen genötigt, seinen deutschen Beschäftigten eine Beschäftigungsgarantie für den Fall der Übernahme auszusprechen.

Ihre 

Fondsmanager und Mitinvestoren

 

Dr. Christoph Bruns              Ufuk Boydak