Börsen vom Terror unbeeindruckt

Im Kreis unerfahrener Anleger mag die Verwunderung zuletzt groß gewesen sein, angesichts steigender Börsenkurse sowie zugleich eskalierender Konflikte und Krisen. Selbst die Terroranschläge von Paris vermochten die gute Stimmung an den Börsen im November nicht weiter zu stören.

Ebenso wenig ließen sich die Finanzmärkte von dem Zerwürfnis zwischen Russland und der Türkei einschüchtern, nachdem dort ein russisches Kampfflugzeug abgeschossen worden war. Und auch der Umstand, dass Deutschland Stück für Stück in einen Krieg gegen den Islamischen Staat (IS) hineingezogen wird, wurde an den Aktienmärkten kaum quittiert. Man kann in dieser Gelassenheit der Anleger eine Emanzipation erkennen, die auf eine deutliche Trennung zwischen politischen und wirtschaftlichen Tatbeständen hinweist. Anleger scheinen klarer zwischen beiden zu trennen, als dies in der Vergangenheit häufig der Fall war. Denkbar ist jedoch auch eine Interpretation, der zufolge die Aktienmärkte von einer Eigendynamik erfasst bleiben, die bereits seit Jahren andauert und die auf einen zunehmenden Realitätsverlust hinweist. 

Umlaufrendite

Unbestreitbar ist jedoch die Dauernullzinspolitik der Notenbanken hauptverantwortlich für den andauernden Aufschwung an den Eigenkapitalmärkten. Diese Entwicklung entbehrt nicht einer stringenten Logik, nach der Zinsanlagen schon immer den wichtigsten Wettbewerber für Aktienengagements darstellten. Je unattraktiver Zinsanlagen erscheinen desto interessanter sind Aktieninvestments et vice versa. Zinsen spielen für die Aktienmärkte aber nicht nur als Wettbewerber eine gewichtige Rolle, sondern üben auch einen direkten Einfluss auf die Gewinne der Unternehmen. Die meisten börsennotierten Unternehmen weisen Verschuldung in Form aufgenommener Bankkredite oder begebener Anleihen auf. Offenbar ist es vorteilhaft für die Wirtschaft, wenn Zinsen auf diese Schulden gering sind und fallen. Auch auf dem Gebiet der Aktienbewertung spielen Zinsen eine bedeutsame Rolle. Grundsätzlich gilt, dass Aktien um so höher zu bewerten sind, desto niedriger die Zinsen ausfallen. Gezeigt werden kann dieser mathematische Zusammenhang unschwer, indem künftige erwartete Unternehmensgewinne mit einem hohen und ein anderes Mal mit einem niedrigen Zinssatz diskontiert werden. Sodann zeigt sich, dass die abgezinsten Gewinne der Zukunft heute höher liegen, je niedriger der Zinssatz liegt. 

Während die Zinsen in der Eurozone auf Jahre hinaus um die Nulllinie schwanken und real betrachtet sogar deutlich negativ sein werden, sieht die Situation in den Vereinigten Staaten etwas anders aus. In Übersee, wo die große Finanzkrise 2007 als „Subprime“-Krise originierte und wo die Wirtschaft seit einiger Zeit bereits das Vorkrisenniveau im Bruttosozialprodukt übertroffen hat, sind die Zeichen auf Zinsnormalisierung ausgerichtet. Hierzu wäre es vonnöten, dass die amerikanische Notenbank nach siebenjähriger Nullzinsphase nunmehr den Leitzins erstmalig wieder anhebt. Es bleibt abzuwarten, ob im kommenden Jahr weitere Zinserhöhungen auf dem Weg zu einer Normalisierung folgen werden. Angesichts eines nur verhaltenen Wirtschaftswachstums und nach wie vor bestehender struktureller Probleme auf dem Arbeits- und Immobilienmarkt rechnen wir nicht mit deutlichen Zinserhöhungen im Jahr 2016. Auch dürfte die amerikanische Notenbank kein Interesse an einer weiteren Festigung der Landeswährung US-Dollar haben. Wichtig wird es unterdessen bleiben, die Entwicklung der amerikanischen Inflation gut im Auge zu behalten. Hier verstärken sich Anzeichen eines zunehmenden Preisauftriebs. 

Ihre Fondsmanager & Mitinvestoren,

 

Dr. Christoph Bruns  Ufuk Boydak