2014– Sinkende Zinsen, steigende Aktienkurse, einbrechende Energiepreise

Ein bemerkenswertes Kapitalmarktjahr ist zu Ende gegangen. Es brachte weiter fallende Zinsen und steigende Aktienkurse mit sich. Im zweiten Halbjahr sorgten zudem einbrechenden Rohölnotierungen für Furore.

Ein übriges tat die erhebliche Aufwertung des US-Dollars. 

Derweil sieht die Welt im Ganzen so chaotisch aus wie ehedem. Der nahe Osten bleibt ein Pulverfass und die Palästinenserfrage ist ungelöster denn je. In Afghanistan herrscht ebenso Krieg wie im Irak und Nigeria und neuerdings auch in der Ukraine. Russland hat sich vollends von Perestroika und Glasnost abgewendet und verfolgt unter dem Autokraten Putin neuerdings expansionistische Ziele. Wer möchte sich angesichts dieses Befundes nicht an den Dialog von Gott und Mephisto in Goethes Faust erinnern, wo der Teufel klagt:

„Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag, Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.
Ein wenig besser würd er leben,
Hättst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;
Er nennt’s Vernunft und braucht’s allein, 
Nur tierischer als jedes Tier zu sein.“ 

Verkehrte Zinswelt

EZB-Einlagensatz in Prozent

Deutschland und seine Wirtschaft stehen unterdessen und zehn Jahre nach den einschneidenden Hartz IV Reformen recht robust da. Steuereinnahmen und Beschäftigung markieren historische Höchstmarken und für das Jahr 2015 wird sogar ein ausgeglichener Bundeshaushalt angestrebt; die negativen Realzinsen für Bundeswertpapiere machen es möglich. Somit könnte dieses an sich wenig anspruchsvolle Ziel erstmals seit 1969 mit einiger Wahrscheinlichkeit tatsächlich erreicht werden. Auch der boomende deutsche Immobilienmarkt sollte von den fortgesetzt niedrigen Zinsen anhaltend profitieren. Und für die Unternehmen, die sich ebenfalls zu einem nicht geringen Teil fremdfinanzieren, bedeuten die Minizinsen eine Entlastung beim Zinsaufwand. 

Freilich sollte man auch die Kehrseite der Minizinssituation nicht aus den Augen verlieren. Millionen von Zinssparern sind seit der großen Finanzkrise 2008 ihre Zinseinnahmen weggeschmolzen. Vieles deutet darauf hin, dass die damals begonnenen sieben mageren Zinsjahre sowohl eine Verschärfung als auch eine Verlängerung erfahren werden. So sind jedenfalls die diesbezüglichen Äußerungen des Mario Draghi, seines Zeichens Präsident der Europäischen Zentralbank, zu verstehen. 

Zu den spannendsten Fragen des Jahres 2015 zählt deshalb das bisherige Rätsel, ob die deutschen Zinssparer endlich die überfälligen Konsequenzen aus der Nullzinspolitik ziehen und in attraktivere Anlageformen  wie z.B. konservative Aktienfonds umschichten werden. Angesichts der erdrückenden Faktenlage zugunsten eines breit gestreuten und konservativ betriebenen, internationalen Aktienfondsinvestments mit Dividendenrenditen, die mittlerweile sechsmal so hoch liegen wie die Renditen zehnjähriger  und dreißigmal so hoch wie  die Renditen fünfjähriger Bundesanleihen, muss man es als enorme ökonomische Irrationalität werten, wenn dies nicht geschehen sollte. 

Unterdessen entwickeln sich die fallenden Energiepreise zu einem kleinen Konjunkturprogramm in jenen Ländern, die zu den Importeuren von Energierohstoffen zählen. China, Japan und die meisten europäischen Länder dürften ganz vorne auf der Liste der Profiteure stehen, während die klassischen Rohstoffländer wie Russland, Australien, Venezuela, Saudi Arabien etc. erhebliche Einbußen werden  hinnehmen müssen.

Gemischt fällt die Öl-Bilanz in den Vereinigten Staaten aus, wo die Verbraucher im Jahr 2015 ungefähr 75 Milliarden Dollar an Treibstoffkosten einsparen werden. Auf der Gegenseite werden aber die privaten amerikanischen Energieproduzenten - die USA sind inzwischen die größte Öl– und Erdgasfördernation der Welt - deutliche Einbußen bei Umsatz und Ertrag erleiden. 

Für ein zweites Konjunkturprogramm in der Euro-Zone sorgt der zuletzt deutlich verfallene Euro-Kurs. Jene Unternehmen und Länder, die hohe Exportüberschüsse mit Kunden außerhalb der Euro-Zone aufweisen, dürften vom rapiden Einknicken der europäischen Gemeinschaftswährung besonders profitieren. Deutsche Unternehmen bzw. ihre Eigentümer dürften entsprechenden Rückenwind durch diese Entwicklung erhalten.  Hinzu kommt, dass die angekündigten Anleihenkäufe durch die Europäische Zentralbank tendenziell für weiter steigende Bondkurse am langen Ende der Zinsstrukturkurve sorgen werden. Ein Bund-Future Kurs oberhalb von 175 halten wir in diesem Szenario für durchaus vorstellbar.

Als größten Risikofaktor für die Aktienmärkte im Allgemeinen sehen wir für das Jahr 2015 einen raschen und deutlichen Anstieg der amerikanischen Zinsen, den wir allerdings für nicht wahrscheinlich halten. Auch mit Blick auf den  zuletzt kräftig aufgewerteten US-Dollar halten wir es für das Naheliegendste, dass Zinserhöhungen ohne Eile und dann auch nur moderat in Nordamerika Einzug halten werden. Unser Augenmerk in der Kapitalmarktanalyse wird daher die Entwicklung der amerikanischen Inflationsrate gut im Blick behalten. Nur für den Fall, dass die Inflation dort unerwartet zügig anzieht, halten wir eilige Zinserhöhungen für denkbar. Dazu würde es aber nach aller Wahrscheinlichkeit eines Energiepreisschocks bedürfen, den wir derzeit nicht ante portas sehen.

Ihre Fondmanager und Mitinvestoren,


Dr. Christoph Bruns         Ufuk Boydak