Amerika kündigt Zinswende an

Die amerikanische Notenbank Fed hat in Person ihres Präsidenten Powell steigende Kurzfristzinsen angekündigt. Bis zum Ende des Jahres 2023 sollen die Zinssätze zweimal angehoben werden. Außerdem hat im Land des unbegrenzten Gelddruckens ein Nachdenkensprozess eingesetzt, ob die US-Notenbank unverändert ca. 120 Milliarden Dollar in Anleihen pro Monat am Markt mit frisch gedrucktem Geld kaufen soll. Auslöser dieses Denkprozesses ist die sprunghaft angestiegene Geldentwertung in Amerika.

Seither bemüht sich die US-Zentralbank, dem Inflationsdruck mit einiger Gelassenheit Stand zu halten. Jedenfalls verzeichneten amerikanische Staatsanleihen deutliche Kursaufschläge in den Wochen nach der Ankündigung perspektivisch steigender Zinsen. Die Offiziellen sind in öffentlichen Reden gar engagiert, die aufgekommene Inflation als ´vorübergehend´ zu charakterisieren. Richtiger hätte es heißen müssen, dass die Steigerungsraten der Preise sich wahrscheinlich abflachen werden, jedoch die Preise selbst keineswegs wieder sinken werden. Überhaupt war auffällig, wie beschwichtigend der amerikanische Notenbankchef auftritt. Jerome Powell verwies etwa auf die zuletzt in der Tat gefallenen Preise für amerikanisches Bauholz. Es bleibt abzuwarten, ob diese Rosinenpickerei der Glaubwürdigkeit voran hilft. Ein Verweis auf relevantere Grundstoffe wie z.B. Erdöl oder Kupfer hätte jedenfalls zu einer divergierenden Einschätzung führen müssen. 

Nachgerade trotzig wies unterdessen die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, darauf hin, dass die europäische Notenbank sehr wohl in der Lage sei, die Zinsen noch weiter zu senken. Zur gleichen Zeit setzte Ursula von der Leyen ihre Europareise fort, auf welcher sie fette Schecks an die jeweiligen Regierungen verteilt. Die Schuldenunion im Euroraum nimmt also Konturen an. Wer dazu kritische Fragen stellt, wie vor Wochen das Bundesverfassungsgericht, der muss mit einer Anklage aus Brüssel rechnen (Vertragsverletzungsverfahren genannt). Bei der Einführung des Euro im Jahr 1999 hatte es von der CDU noch vollmundig geheißen, kein Land werde für die Schulden anderer Länder haften müssen. Hans Eichel (SPD), der ehemalige Finanzminister Deutschlands, verstieg sich gar zu der Aussage, der Euro werde noch viel besser als die D-Mark. Für deutsche Exporteure mag sich dieser Satz bewahrheitet haben, für die Bürger sieht die Rechnung aber nicht so rosig aus. 

Weniger locker als die Zinsmärkte reagierten die Devisenmärkte auf die Ankündigung perspektivisch steigender US-Zinsen. Dort kam es für den US-Dollar zu markanten  Aufschlägen, während der Euro und nicht zuletzt Schwellenwährungsländer empfindliche Rücksetzer gewärtigten. Auch die schwächere Wirtschaftsentwicklung in Europa verglichen mit den Vereinigten Staaten mag zum Erstarken des Greenbacks beigetragen haben. Ganz gewiss schadet die Verbreitung der Delta-Variante des Coronavirus der konjunkturellen Erholung in den betroffenen Ländern. Dabei sticht vor allem Großbritannien ins Auge. Ein Land, das bereits im Jahr 2020 mit einem erheblichen Wirtschaftseinbruch auf Corona und Brexit reagiert hat.

Gleichwohl nimmt sich die konjunkturelle Aufholjagd nach der Pandemie Fahrt auf. Diese Entwicklung ist nicht zuletzt auch bestehenden Nachholeffekten geschuldet, die vor allem in den Dienstleistungssektoren für Schub sorgen sollten. Ob es zu einer einschränkungsfreien Urlaubssaison kommt ist jedoch fraglich. An den Aktienmärkten sind die benannten Konjunkturerholungstendenzen zu einem gewissen Grad bereits eingepreist. Für die Unternehmen kommt jetzt vieles darauf an, ob es gelingt, die gestiegenen Preise für Vorprodukte an die Konsumenten weiterzureichen. Eine Welle von Neuemissionen und Übernahmen sorgt aber für anhaltende Spannung an den Eigenkapitalmärkten. Diese bleiben auf absehbare Zeit der klügste Ort, an dem Geld arbeiten kann.


Ihre

Fondsmanager und Mitinvestoren

Dr. Christoph Bruns               Ufuk Boydak       

Chicago,                                    Frankfurt a.M. am 30.06.2021