Unternehmensgewinne unter Druck

In den vergangenen vier Wochen berichteten viele börsennotierte Unternehmen über ihre Halbjahreszahlen. Dabei ist insgesamt der Eindruck eines schwieriger gewordenen Umfeldes für die Betriebe entstanden. Kein Unternehmen findet sich, welches nicht explizit die Inflation als wesentliches Problem für das eigene Geschäft darstellt.

Damit aber nicht genug: Nach wie vor verweisen viele Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe auf Lieferengpässe und Komponentenknappheit. Vor allem in Dienstleistungsbranchen führt ein Arbeitskräftemangel zu ausfallenden Umsätzen. Die vielen abgesagten Flüge an europäischen Flughäfen sind vor allem dem dortigen Personalmangel geschuldet. Zudem berichten Unternehmen aus dem Konsumgütersektor von einer Dämpfung der Verbrauchernachfrage durch die gestiegenen Preise. Außerdem wird bisweilen Klage geführt, dass Mitarbeiter nicht Reisen können, um notwendige Wartungsarbeiten oder gar Verkäufe im Ausland (vor allem China angesichts der dortigen Lockdowns) durchführen zu können. Ein Übriges tut die nicht verschwinden wollende Corona-Seuche und schließlich schwebt das Menetekel einer lückenhaften Energieversorgung über der europäischen Wirtschaft.

Angesichts dieser Schilderungen ist es nicht verwunderlich, dass die Börse in den letzten vier Wochen etliche Gewinnwarnungen zu registrieren hatte. Amerikanische Großbanken, die regelmäßig die Berichtssaison eröffnen, berichteten durchweg von schwieriger werdenden Geschäften. Vor allem das Investment-Banking litt unter einer gesunkenen Anzahl von Börsengängen und Unternehmensübernahmen bzw. -Fusionen. Immerhin wurde von einem lebhaften Geschäft beim Handel mit Anleihen, Währungen und Aktien berichtet.

Der Software Sektor meldete ebenfalls gedämpftere Geschäfte, wenngleich auf hohem Niveau. Bei Microsoft wurde mit Verweis auf den starken US-Dollar die Gewinnerwartung nach unten gesetzt und bei SAP geschah dies mit einem Hinweis auf den Rückbau der Russland Aktivitäten.

Für die Unternehmen aus dem Internetsektor, die vorwiegend mit Werbung ihr Geld verdienen, hat sich das Umfeld ebenfalls eingetrübt. Die zwei großen der Branche, Alphabet und Meta verkündeten Zurückhaltung bei Neueinstellungen. Ähnliches gilt für Apple.

Im Investitionsgüterbereich wurde von gut gefüllten Auftragsbüchern gesprochen, aber daraus ließen sich aufgrund der oben genannten Schwierigkeiten weniger Umsätze realisieren als gewöhnlich. Gleichwohl gab es aber auch einige Lichtblicke, so z.B. bei SAF Holland und Hermle Maschinenbau.

Bedroht fühlen sich Unternehmen aus energieintensiven Branchen wie etwa Chemie und Stahl. Hier wird vieles darauf ankommen, in welchem Umfang die Preiserhöhungen der Vorprodukte an den Endabnehmer weitergereicht werden können. BASF berichtete zum Halbjahr trotz aller Schwierigkeiten von recht robusten Geschäften. Weniger erfreulich lasen sich die Aussagen von Covestro.

Kaum besser erging es Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich. Die rückläufige Ertragssituation wird dort häufig mit Lohninflation und fehlenden Arbeitskräften begründet. Eine heftige Gewinnwarnung bei Fresenius Medical Care mag hier als pars pro toto herhalten.

Wenig überraschend besitzt die Energiebranche derzeit Rückenwind. Große Unternehmen des Sektors wie z.B. Shell, Exxon, BP, Chevron, OMV, TotalEnergies, Shell und auch die deutsche RWE meldeten deutlich angestiegene Ertragszahlen zum Halbjahr. Auf der Negativseite springt die Teilverstaatlichung der Uniper ins Auge.

Demgegenüber werden beim E-Commerce nach vielen rasanten Aufschwungjahren inzwischen kleinere Brötchen gebacken. Der Modehändler Zalando und selbst Amazon mussten von zurückhaltenden Kunden berichten.

Insgesamt mag es nach monatelanger Börsenbaisse ein gutes Zeichen sein, dass viele Kurse zuletzt ungeachtet der eingetrübten Konjunkturlage nach oben tendierten. Das spricht dafür, dass die schlechten Nachrichten in hohem Umfang bereits eingepreist waren.


Ihre

Fondsmanager und Mitinvestoren

Dr. Christoph Bruns               Ufuk Boydak       

Chicago,                                    Frankfurt a.M. am 31.07.2022