Rendite mit deutschen Hidden Champions

Anlageentscheidungen bewegen sich aktuell auf dem schmalen Grat zwischen dem Risiko einer Rezession und den ersten Anzeichen einer Bodenbildung an den Aktienmärkten. Markus Herrmann analysiert die Chancen, aus dieser Situation Gewinn zu ziehen.

Seit Jahresanfang haben sich Unternehmen wie Anleger auf eine Verschlechterung eingestellt. Aber dass sie so schnell kommen würde, war für manche dennoch überraschend. Jetzt zur Jahresmitte ist der Pessimismus sehr ausgeprägt. Vor allem aber halten viele Investoren eine hohe Liquiditätsreserve und warten auf Anlagechancen. Das sind gute Voraussetzungen für eine Bodenbildung an den Märkten. Erfahrene Anleger halten Ausschau nach defensiven Wachstumsunternehmen, deren Kurse stark gefallen sind, die aber gleichzeitig bei Eintreffen schlechter Nachrichten nicht weiter korrigieren.

Hinweise auf eine Stabilisierung geben die Rohstoffmärkte, die als Indikator für die Konjunktur gelten. Steigende Preise sind seit Monaten das beherrschende Thema für Firmen wie Verbraucher. Die straffere Geldpolitik in vielen Industriestaaten verteuert zusätzlich die Finanzierungskosten für neue Investitionen der Unternehmen. Tatsächlich sind die Preise für Industrierohstoffe wie Kupfer oder Aluminium seit Beginn des Jahres aber schon um 15 bis 20 Prozent gefallen. Und schaut man auf den Verlauf des DAX Index, meint man ein umgedrehtes Spiegelbild des Ölpreises zu sehen: In dem Maße wie das Öl fällt, steigt der DAX und umgekehrt.

Kehrseite des DAX

Die Ende letzten Jahres begonnene Verteuerung beim Öl, in der sich der Weltmarktpreis für ein Fass des „schwarzen Goldes“ verdoppelte, hat großkapitalisierten Werten aus dem DAX einen Verlust von gut 25 Prozent beschert. Aber im Börsensegment der kleinen und mittleren Unternehmen waren die Korrekturen bei einzelnen Werten wesentlich heftiger. Eine Drittelung gegenüber den Höchstwerten vom letzten Jahr war keine Seltenheit – unabhängig von dem unterliegenden Geschäft der Gesellschaft oder ihrer tatsächlichen Gewinnentwicklung.

Seit Juni läuft am Ölmarkt jedoch eine Korrektur, die augenscheinlich zu einer Beruhigung der Anlegernerven beigetragen hat. Seitdem beobachten wir, wie der Markt einen neuen Boden sucht. Hinweise darauf gibt die Eindeckung vieler spekulativer Short-Wetten bei kleineren Titeln. Insbesondere lassen sich erste Anzeichen für einen Favoritenwechsel erkennen. Die großen DAX-Konzerne waren eine beliebte Fluchtstation, solange man die Risiken ausgehend von steigenden Inputkosten und Ukraine-Krieg nicht überblicken konnte. Inzwischen haben die meisten Unternehmen ihre Notfallpläne für den Fall einer weiteren Eskalation vorgestellt, die Notenbanken treten auf die Spekulationsbremse und die Gesellschaft hatte Zeit, sich auf neue Anforderungen einzurichten. All diese Faktoren können sich günstig auf den Geschäftsverlauf kleinerer Unternehmen in Deutschland auswirken.

Defensive Wachstumswerte attraktiv

Schaut man nach vorne, dürfte die Preisdynamik stark nachlassen. Bis Mitte 2023 werden die Marktakteure ganz andere Themen diskutieren. Die vielen konjunkturellen Unwuchten, verursacht von zeitgleichen Lieferstopps und Lagerstaus in verschiedenen Bereichen des Wirtschaftskreislaufs, könnten sich bis dahin auflösen und geldpolitische Einschränkungen dürften dann abgeschlossen sein. Der Bondmarkt zeigt erste Anzeichen für eine Beruhigung der Kapitalmärkte: Die Renditen für langlaufende Staatsanleihen sind in Deutschland von 1,8 Prozent auf 0,8 Prozent gesunken.

Anleger sind in dieser „Findungsphase“ der Märkte gut beraten, auf die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen zu achten. Geringe Kapitalintensität wie auch Preissetzungsmacht sind wichtige Merkmale robuster Geschäftsmodelle. Firmen mit einer niedrigen Schuldenquote und stabil hohen operativen Margen sind nicht von externer Finanzierung und den damit verbundenen Zinskosten abhängig. Anhand dieser Kennzahlen kann man Rückschlüsse ziehen, ob sich das Geschäftsmodell selbst finanziert und ob das Unternehmen über eine Preismacht verfügt. Ein wichtiger Punkt ist auch die Höhe des freien Cashflows. Diese hochrelevante Kennzahl gibt an, wie viel das Unternehmen nach Abzug aller Kosten in die Expansion investieren kann.

Es bestehen natürlich weiterhin Risiken an den Börsen wie beispielsweise eine drohende Eskalation des Konfliktes zwischen USA und China. Auch sieht es nicht nach einem baldigen Ende des Ukrainekrieges aus. Dennoch verdichten sich die Anzeichen, dass die Börse eine mögliche Rezession eingepreist hat. Bei vielen deutschen Nebenwerten ist das mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der Fall. Die Unternehmensbewertungen haben in diesem Segment schlechte Entwicklungen eskomptiert und zum Teil eine rezessive Verschlimmerung vorweggenommen. Entscheidend wird die Kursreaktion auf negative Meldungen sein. Fällt sie moderat aus oder unterbleibt sogar, dann wäre das ein deutliches Signal für neue Chancen bei den deutschen Hidden Champions.

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