Vermögensrezession

In der öffentlichen Diskussion etabliert sich das Wort ´Rezession´. Auch die volkswirtschaftlichen Abteilungen der Banken und Forschungsinstitute gehen von einem Rückgang der Wirtschaftsleistung in Deutschland und Europa aus. Wahrscheinlich laufen sie damit der Realität hinterher, zumal die USA bereits seit Jahresbeginn mit einer – wenn auch geringen – Wirtschaftsschrumpfung aufwarten. Unabhängig davon findet eine Kapitalflucht aus dem Euro-Raum in den Dollar statt.

Völlig unzweifelhaft ist der hohe Kaufkraftverlust, den die Menschen bereits seit mindestens achtzehn Monaten erleiden. Man könnte diesbezüglich von einer Kaufkraftrezession sprechen. Diese Rezession betrifft jeden Bürger, denn ohne Konsum, und sei es nur für Nahrungsmittel, kommt kein Bürger täglich über die Runden.

Obendrein ist eine Vermögens- bzw. Ersparnisrezession hinzugetreten, denn Anleihe- und Aktienkurse befinden sich in einer strammen Baisse. Während aber Aktienkursrückschläge alle paar Jahre auftreten ist der Markt für festverzinsliche Wertpapiere von einem lange nicht mehr dagewesenen Kurseinbruch gekennzeichnet. Nach neun Monaten hat der REXP, der die Nettowertentwicklung eines Korbes deutscher Staatsanleihen misst, einen Kurseinbruch um fast 11% zu verzeichnen. Die Troika aus Wirtschaftsrezession, Kaufkraftrezession und Vermögensrezession führt unweigerlich zu einer starken Beschneidung des Wohlstandes. Im Übrigen sind die negativen Wechselwirkungen der drei Phänomene beachtlich. Die Vermögensrezession wird z.B. ganz zwangsläufig einen beschleunigenden Beitrag zum konjunkturellen Abschwung leisten, indem Menschen ihren Konsum angesichts sinkender Ersparnisse einschränken.

Zugleich sieht es nicht danach aus, als ob die hohen Steuer- und Abgabenlasten in der Zukunft geringer würden. Im Gegenteil: Die Ausgaben des Staates steigen sprunghaft an und die Verschuldung wird erheblich ausgeweitet. Angesichts der angestiegenen Zinsen wird die Zinslast der öffentlichen Haushalte in den kommenden Jahren stark ansteigen. Jetzt rächt sich, dass der Staat nicht in der Lage war, die guten wirtschaftlichen Jahre zum Schuldenabbau zu nutzen. Die einzige Hoffnung auf Entschuldung besteht in hoher Inflation.

Derweil bestehen keine realistischen Aussichten auf eine Verschlankung des Staatsapparates. Die zwei Parlamentssitze der EU in Brüssel und Straßburg sind ein Sinnbild für die Unmöglichkeit effizienter staatlicher Strukturen. In Deutschland mag der Riesenbundestag mit seinen über 700 Abgeordneten als Symbol dieser traurigen Situation gelten, ebenso wie der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk, welcher zuletzt in den Schlagzeilen stand.

Immerhin gibt es Hinweise darauf, dass die Inflation im kommenden Jahr Ihren Höhepunkt überschreiten wird, so dass perspektivisch eine Entlastung an dieser Front vorstellbar wird. Vor allem von der Rohstoffseite her naht Entspannung, denn die Preise für Erdöl und Industriemetalle wie Kupfer und Aluminium haben zuletzt deutlich korrigiert. Achillesferse der Geldentwertung dürfte die Lohnentwicklung werden. Überdies wäre ein Ende des Ukrainekrieges hilfreich, jedoch sieht es danach kurzfristig nicht aus.

Die Aktienmärkte, die wie ein Seismograph auf solche Entwicklungen reagieren, bleiben einstweilen in Habt-Acht-Stellung, bis am Makrohorizont Licht aufscheint.


Ihre

Fondsmanager und Mitinvestoren

Dr. Christoph Bruns               Ufuk Boydak       

Chicago,                                    Frankfurt a.M. am 30.09.2022