Wirtschaftswunderland Deutschland

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht angesichts der enormen staatlichen Vor- und Ausgaben im Rahmen der Energiewende ein neues deutsches Wirtschaftswunder am Horizont. Gewiss gehört es zum Berufsprofil eines Bundeskanzlers, Optimismus bezüglich der Zukunft zu schüren. Allerdings ist auch die Gefahr nicht gering, sich lächerlich zu machen, falls die rosigen Worte sich als reiner Zweckoptimismus entpuppen.

Nicht wenige Politiker haben Erfahrungen mit solchen Entwicklungen gesammelt. Man denke etwa an den seinerzeitigen CDU Arbeitsminister Norbert Blüm, der bezüglich der Rente meinte, selbige sei sicher. Oder etwa der ehemalige grüne Umweltminister Jürgen Trittin, der selbstbewusst die Meinung herausposaunte, die Energiewende werde jeden Bürger nur den Gegenwert einer Eiskugel pro Monat kosten. Auch die jüngst staatlich höchst dekorierte ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel bleibt mit ihrer Aussage „Wir schaffen das“ in lebhafter Erinnerung.

Leider muss man auch im Fall des aktuellen Bundeskanzlers befürchten, dass bei der Vision eines neuen Wirtschaftswunders in Deutschland der Wunsch Vater des Gedankens ist. Es ist beileibe nicht nur die unvorteilhafte Demographie in Deutschland, die ein neues Wirtschaftswunder verhindern, wenngleich die Themen Pflegenotstand, Gesundheitskosten, Rentensicherheit, Arbeitskräftemangel und Bildungsnotstand – um nur die wichtigsten negativen Folgen der demographischen Entwicklung zu nennen – wie ein Bremsklotz auf die wirtschaftliche Entwicklung wirken. Kaum besser sieht es mit der Steuer- und Abgabenlast in Deutschland aus. Auf diesem Feld hat die OECD soeben einmal mehr bestätigt, dass unser Land diesbezüglich international einen Spitzenplatz einnimmt. Wenig besser sieht es beim Thema Energiepreise aus. Gerade als Industrieland kämpfen deutsche Produzenten gegenüber weltweiten Wettbewerbern mit erheblichen, wenn nicht gar existenzgefährdenden Nachteilen. Zunehmend wird neben der Erschwinglichkeit von Energie auch die Verlässlichkeit der Energieversorgung in Frage gezogen. Denkt man sodann an die Themen ´Bürokratie´, ´Digitalisierung´ und ´Infrastruktur´, dann verdüstern sich die Aussichten weiter. Hinzu kommt die rasch ansteigende Verschuldung der öffentlichen Haushalte. Sie wird angesichts der höheren Zinsen deutliche Steigerungen der Zinshaushalte nach sich ziehen. Damit schwinden aber die staatlichen Handlungsspielräume. Das Ganze findet statt in einer Situation, in der die Staatsquote Deutschlands bereits sehr hoch liegt und obendrein noch ein in jeder Hinsicht teurer Krieg in der Nachbarschaft tobt.

So sehr man sich für Deutschland ein Wirtschaftswunder wünschen würde; die von der Politik in den letzten zwei Jahrzehnten getroffenen Entscheidungen machen eine solche Entwicklung unwahrscheinlich. Vielmehr steht zu befürchten, dass die Wohlstandsrückgänge der jüngeren Zeit zur Regel werden, falls nicht kräftig umgesteuert wird.


Aus Chicago

Ihr

Dr. Christoph Bruns