Turbulente Währungsmärkte

Zu den markantesten Finanzmarktentwicklungen zählt der Kursaufschwung des Euro gegenüber nahezu allen anderen Währungen. Gegenüber der Weltleitwährung US-Dollar wusste die europäische Gemeinschaftswährung um fast 14 % seit Jahresbeginn zuzulegen.

Einen derartig fulminanten und noch stärkeren Aufschwung erlebte der Euro im Anschluss an die islamistischen Terroranschläge vom 11. September 2001. Zuvor war der zum 1. Januar 1999 ins Leben gerufene Euro auf Talfahrt gegangen, zumal sich alsbald nach seiner Einführung der Eindruck verfestigte, dass manche Länder es bei der Erfüllung der von der EU gesetzten Qualifikationskriterien nicht so genau genommen hatten. 

Interessant ist, dass der Aufschwung des Euro ausgerechnet in der originär amerikanischen Subprimekrise – später ´große Finanzkrise geheißen´ sein Ende fand und zwar von einem Kursniveau um 1,60. Denn obwohl nahezu die gesamte amerikanische Hochfinanz insolvent war, gerieten vor allem europäische Banken in dauerhafte Schieflagen. Zwar ließ die amerikanische Politik die Investmentbank Lehman Brothers untergehen, orchestrierte aber im Nachgang gemeinsam mit der US-Notenbank Fed für die heimischen Banken ein Umfeld, durch welches alle Institute gerettet wurden. Schlimmer wütete die Immobilienkrise bei europäischen Kreditinstituten, weil diese sich im Ausland überhoben hatten. Gerade staatliche Banken wie z. B. die WestLB, die Sächsische Landesbank, die Bayerische Landesbank, die Landesbank Baden-Württemberg und die HSH Nordbank gerieten in die Insolvenz. Derweil wüteten in Island, Spanien, Portugal, Griechenland und Irland eigene Immobilien- bzw. Bankenkrisen, die die Länder in Bedrängnis brachten. Entsprechend schwach verlief sodann die Kursentwicklung des Euro gegenüber dem US-Dollar. Im Herbst 2022 wurde dann die Parität zwischen Euro und Dollar getestet. Insgesamt ist zu bedenken, wie viel Kaufkraft ein Euro seit seiner Einführung am 1. Januar 1999 eingebüßt hat. Die Inflation hat dem Euro fast die Hälfte seiner Kaufkraft genommen. Beim US-Dollar war der Kaufkraftverlust übrigens noch höher. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass die Vereinigten Staaten ein signifikant höheres Wirtschaftswachstum während dieser Zeitperioden hatten.

Heute ist die Lage jedoch anders. Es sieht so aus, als ob die hoch verschuldeten USA sich kaum noch schuldenfinanziertes Zusatzwachstum leisten können. Anders sieht es in Deutschland, der größten Volkswirtschaft des Euroraumes, aus. Durch sein exorbitantes Investitionsbudget wird Europa den Rückenwind kreditfinanzierten Wachstums spüren. Diese Erkenntnis ist den Finanzmärkten nicht verborgen geblieben. Die besseren Wachstumsaussichten Deutschlands – wenngleich ausschließlich auf Pump finanziert – sorgen für eine Umlenkung der Kapitalströme zugunsten der Alten Welt. Hinzu kommt darüber hinaus der Verlust einiger wichtiger amerikanischer Vorteile gegenüber Europa durch die in der Neuen Welt tobende Kulturrevolution. Zweifel an bislang tragenden Grundpfeilern Amerikas wie etwa Gewaltenteilung, Rechtsstaatlichkeit, Freihandel, Einwanderung, Aufklärung und Wissenschaftsunterstützung schießen ins Kraut und setzen der US-Landeswährung zu.

Immerhin ist es symbolisch interessant, dass der Euro zum Dollar heute selbst in der zweiten Nachkommastelle genau dort notiert, wo er am Tag seiner Einführung vor 26 Jahren stand. Überdies notierte er am Freitag, dem 249. Geburtstag Amerikas, bei 1,1776 USD/EUR. An den Kapitalmärkten ist die amerikanische Revolution von 1776 mit ihren universellen Werten offenbar noch nicht abgeschrieben.


Aus Chicago

Ihr

Dr. Christoph Bruns